Seit Corona im Frühjahr 2020 das Ruder übernahm, stehen viele Räder einfach still. Vieles Liebgewonnene, viele sportliche sowie kulturelle Ereignisse sind schlicht als unzulässig erklärt, stellen ein zu großes Risiko der Ansteckung dar.
So galt es auch lange Zeit für unseren geliebten Segelsport. Sofort, mit dem Eintreten der ersten Lockerungen gingen in einer Hauruckaktion unsere Boote ins Wasser. Alle anderen Vereinsaktivitäten sagte der Vorstand unverzüglich ab. Keine Arbeitseinsätze, kein Kinder- und Jugendtraining, keine Vereinsinternen Wettfahrten, keine Schüler- oder gar Sonderwettfahrt, keine Mitgliederversammlungen, kein Sommerfest, kein Opti-Match-Race, keine Messe, kein NIX!
Der Verein leidet. Das Vereinsgelände, die Vereinssubstanz, die Infrastruktur, die Menschlichkeit, das Miteinander, die Gemeinschaft. All das, was wir uns in den Jahrzehnten zuvor erschaffen, aufgebaut haben. All das, was daraus erwachsen ist. All das, was unseren Verein ausmacht. Die Basis also, von der ein jeder weiß, dass man in und mit einem Verein ALLES erreichen kann.
Der gefühlte Dauerzustand „Corona“ hinterlässt Spuren, zeigt langsam gravierende Auswirkungen, die sich hoffentlich nicht als Dauerzustand etablieren werden. Sonst mache ich mir um unseren Verein arge Sorgen. Wir müssen nun klug handeln, das Beste daraus machen. Nutzen wir jede Gelegenheit!
Vielleicht bezieht sich hierauf der Hinweis in dem Namen unserer ersten Vereinsinternen Wettfahrt des Jahres 2020 – „Probelauf Vereinsinterne“. Das erst in diesem Jahr zusammengetreten Orgateam: Steffen, Christian L., Jörn. Maik und Jörg F. hatte es ohnehin nicht so einfach, in die Fußstapfen des bislang amtierenden Wettfahrtleiters Harald zu schlüpfen. Aber unter Coronabedingungen ist das noch einmal eine ganz andere Herausforderung.
Sie jedenfalls wagte sich am gestrigen Sonntag (30.08.2020) nun dennoch aus der schützenden Coronadeckung und luden am Termin der eigentlich dritten Vereinsinternen zur ersten und wahrscheinlich letzten Vereinsinternen des Jahres 2020 ein. Denn der Termin der Vierten wäre am Sonntag, den 13.09.2020, ab 1000. Eine Einladung liegt jedoch noch nicht vor. Das publizierte Hygienekonzept war allgegenwärtig. Überall dort, wo Mitgliederansammlungen zu erwarten waren, gab es entsprechende Hinweise und Reglementierungen, Sitzplätze sind und waren ausgedünnt, Desinfektionsmitte wohin das Auge reichte, Anwesenheitslisten wurden geführt. Auf eine Steuermannsbesprechung verzichteten die Jungs. Eine kleine Schultafel unmittelbar am Eingang unseres Vereins umschrieb den anstehenden Kurs und somit das Wichtigste des Sporttages.
Um 1100 begann die Startprozedur auf und vor unserem Kopfsteg. Wie auf einer überdimensionalen Hühnerstande fanden sich nur eine Hand voll Zuschauer ein und folgten den Geschehnissen des Nudeltopfes. Denn die Regattabahn erstreckte sich angesichts des nur sehr leichten Windes aus Ost zwischen dem VSW, der Großen Krampe und den Reusen kurz vor der Badewiese Karolinenhof.
Diese Runde galt es zwei Mail zu runden. An der Startlinie versammelten sich insgesamt 10 Boote des VSW. Hochmotiviert und absolut gewillt, Corona die Stirn zu bieten. Unter normalen Umständen hätte man entweder Startverschiebung geblasen oder abgebrochen. Aber, die Wettfahrt sollte ein Zeichen, ein Statement gegen oder vielleicht besser mit Corona sein. Wenn wir uns also alle disziplinieren, an Regeln halten, können wir auch Regatten in diesen einschränkenden Zeiten meistern, um für uns alle eine neue Normalität zu etablieren. Wir sollten unbedingt in Chancen denken, nach Wegen suchen, mit dieser Pandemie zu leben. Nicht nach Risiken. Nicole und Jörg taten das auf ihre Weise, brachten ein wenig Irritation als Abwechslung ins Spiel. Sie setzten die Regattabahn nach ihrem Zieleingang noch ein weiteres Mal bis zur Krampe fort, um dort in Richtung VSW endlich ihren rosafarbenen Spi setzen zu können…, um dann die letzten Meter in den Hafen Jörg dann doch noch paddeln zu lassen… Was für eine Steuerfrau!
Am Samstag vor unserer Vereinsinternen Wettfahrt startete die Langstreckenwettfahrt des SC Brise. Ebenso mit drastischen Einschnitten in der Orga und Umsetzung, um möglichst viele Kontakte zu vermeiden. Dafür konnten sich allerdings alle Gleichgesinnten auf dem Wasser endlich wieder nahe sein. Wohlbemerkt jedoch mit dem entsprechenden Mindestabstand, den in großen Teilen die Abmaße der Boote garantierten. Aber wenigstens zusammen auf dem Wasser wieder um die Wette segeln. Das Regattafeld war – wen wunderts – gut gefüllt, und das, obwohl das abendliche Fahrtenseglertreffen coronabedingt ausblieb.
Das vergangene Wochenende war also ein wichtiger Schritt in eine andere, neue Normalität. Es war ein erfolgreiches Wochenende und zeigte, dass wir Potenziale haben, unseren Verein wieder gemeinsam mit Leben zu füllen. Lasst uns Chancen suchen, finden und nutzen!
Euer
Patrick
Berlin Weißensee, 31.08.2020